1946 - heute

DIE NACHKRIEGSZEIT – EIN NEUBEGINN

In Hannover endete die Zeit des Nationalsozialismus mit dem Einmarsch alliierter Truppen am 10. April 1945. Hannover gehörte zur britischen Besatzungszone und so wurde die Polizei nach englischem Vorbild im September 1945 neu organisiert. Die verbliebenen Pferde der Polizei wurden von der Besatzungsmacht eingezogen.
Die Polizeischule für die Region Hannover befand sich bis 1946 in der heutigen Liegenschaft der Polizeireiterstaffel in der Kaserne am Welfenplatz. Ebenfalls 1946 begann die Nachkriegsgeschichte der berittenen Polizei Hannover.

Der britische Militärgouverneur ordnete 1946 die Ausbildung berittener Polizeieinheiten für den Einsatz in ländlichen Gebieten und damit die Wiederaufstellung einer Reiterstaffel in Hannover an. Der erste Reitlehrgang fand in der Reit- und Fahrschule in Oldenburg statt. Der Neuaufbau in Hannover begann mit zehn Pferden aus Oldenburg. Parallel dazu übernahm der so genannte Meister der Polizei im Juli 1946 zusätzlich vier beschlagnahmte Pferde von den Briten und konnte bereits zwei Monate später hohe britische Offiziere mit dem Zustand der neuen Reiterstaffel beeindrucken.

Bis zum Jahresende 1946 erhielt die Reiterstaffel insgesamt 35 Pferde, musste jedoch innerhalb von wenigen Jahren etliche wieder ausmustern, da sie nicht gesund genug und für den Polizeidienst ungeeignet waren. Einer der ersten Einsätze der Reiterstaffel Hannover war die Eröffnung der Exportmesse der Deutschen Messe AG 1947. Einsätze dieser Art, mit den Aufgaben der Repräsentation, Prävention und Verkehrslenkung, zählen bis zum heutigen Tag zu den Aufgaben der Reiterstaffel. Ebenfalls 1947 setzte die britische Militärregierung berittene Polizisten aus Hannover zur Bewachung der Grenze zwischen der britischen und sowjetischen Besatzungszone ein. Dieser Auftrag zur Grenzaufsicht blieb bis 1956 bestehen.

Die Anzahl der Polizeidienstpferde hatte sich bis 1950 auf 20 Pferde erhöht. Die berittenen Polizisten versahen vor allem in den ländlichen Randgebieten Hannovers Streifendienst und nahmen dort zudem wald- und forstpolizeiliche Aufgaben wahr. In Außenbezirken Hannovers wurden für das Sommerhalbjahr zusätzliche Außenposten eingerichtet. Darüber hinaus verrichteten berittene Polizeibeamte, verstreut an unterschiedlichen Orten, als Einzelposten ihren Dienst. Damit folgte das neu gegründete Land Niedersachsen der Tradition der preußischen Landgendarmerie.

Im Jahr 1953 wurde dann die zentrale Ausbildungsstätte für reitende Polizeibeamte in Niedersachsen in Hannover mit drei Ausbildungsgruppen eingerichtet. Hier erfolgte die Ausbildung sämtlicher Dienstpferde und Polizeireiter für den Polizeidienst in den Regierungsbezirken Hannover, Braunschweig und Lüneburg.

Grundlage für die Ausbildung war eine neue geschaffene Dienstvorschrift der Polizei. Diese wurde geformt aus der seit 1912 existieren Heeresdienstvorschrift 12, woraus der Teil der militärischen Ausbildung nicht übernommen wurde, und darüber hinaus aus Elementen der Dressuraufgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Der Großteil der damaligen Dienstzeit war der Ausbildung der Dienstpferde vorbehalten. Die übrige Zeit bestreiften die Polizeireiter Erholungsgebiete, Parks und Wälder. Gelegentliche Großeinsätze, wie anlässlich des Besuchs der englischen Königin Elizabeth II in den Herrenhäuser Gärten, sowie die Begleitung kleinerer Demonstrationsumzüge bildeten eher die Ausnahme.


DIE STUDENTENPROTESTE UND DER DEUTSCHE HERBST

Die Straßenproteste der 68er-Bewegung, die nicht immer friedlich verliefen, machten auch vor Hannover nicht Halt. In diesem Zusammenhang wurden die Dienstpferde immer wieder eingesetzt. Ein besonderer Einsatz dieser Zeit war die in Hannover bekannte „Roter-Punkt-Aktion“.

Eine Fahrpreiserhöhung der Üstra (Überlandstraßenbahn Hannover) hatte mehrtägige Demonstrationen und Blockaden des Straßenverkehrs zur Folge. Teilweise konnte die Stadtbahn in diesen Tage nur fahren, wenn die berittene Polizei vorweg ritt und die Gleise von Demonstranten räumte. Die Einsätze im Demonstrationsgeschehen gipfelten zum Ende der 70er Jahre im Großeinsatz gegen das im Bau befindliche Kernkraftwerk Grohnde. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen gab es Verletzte auf beiden Seiten und auch verletzte Dienstpferde.

Darüber hinaus kamen mit der Bedrohung durch die Terroristen der „Rote Armee Fraktion“ Ende der 70er Jahre auch auf die Reiterstaffel neue Aufgaben zu. Sie wurde verstärkt zur Bestreifung im Bereich des Flughafens Hannover-Langenhagen herangezogen, wobei die Beamten Maschinenpistolen in extra dafür angefertigten Holstern an den Pferden mitführten.

1982 endete für die Reiterstaffel die Ära der berittenen polizeilichen Einzelposten. Seither wird die Tradition der Landdragoner bzw. Landgendarme nur noch in den Sommermonaten mit den Abordnungen der Reiterstaffel Hannover in die Lüneburger Heide, an die Nordsee und ins Biosphärenreservat Elbtalaue aufrecht erhalten. Seit 1985 sind berittene Polizeieinheiten wieder fest in das polizeiliche Konzept zur Bewältigung von Einsatzlagen bei Fußballspielen eingebunden.
Im gleichen Jahr fiel auch bei der Reiterstaffel eine letzte Männerbastion – die ersten Polizistinnen nahmen hier ihren Dienst auf.

Im Laufe der Jahre änderten sich zwar die politischen und gesellschaftlichen Themen, mit denen sich die Polizei auseinandersetzen musste, die Aufgaben der Reiterstaffel blieben jedoch ähnlich. Die Hauptaufgaben lagen und liegen größtenteils in der Begleitung von Demonstrationen und diversen großen Veranstaltungen unter freiem Himmel. Mit der erfolgreichen Arbeit in diesem Bereich konnte die Reiterstaffel wiederkehrenden Diskussionen zur Zeit- und Zweckmäßigkeit des Einsatzmittels Dienstpferd erfolgreich begegnen.


IN EIN NEUES JAHRTAUSEND

Um aber mit den Anforderungen der Zeit Schritt zu halten, wurde das Aufgabenfeld der Polizeireiter ab den 90er Jahren evaluiert. Mit dem Ergebnis, dass die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten erweitert und die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung intensiviert und noch effizienter gestaltet wurde. Damit einher ging auch das Erschließen neuer Aufgabenbereiche, wie zum Beispiel der Einsatz von Polizeireitern bei Open-Air-Festivals.

Während dieser Zeit fand auch eine Vertiefung der Beziehungen zu den Staffeln im Bundesgebiet und zu den berittenen Polizeieinheiten in Europa statt. Die gute Zusammenarbeit wurde schon im Jahr 2000 während der EXPO in Hannover sichtbar - hoch zu Ross ritten Kollegen aus vielen Ländern gemeinsam mit den Reitern aus Hannover auf Streife. Der gute Einsatzwert der Reiterstaffeln in Niedersachsen förderte eine erfreuliche Tendenz, nämlich den Wiederaufbau von berittenen Polizeieinheiten in anderen Bundesländern. Nach 34-jähriger Unterbrechung beschloss die Polizeiführung in Hamburg die Neugründung einer Reiterstaffel.

Die Hannoveraner unterstützten die Hamburger Kollegen und bildeten acht Pferde sowie zehn Beamte aus. Bis heute verbindet beide Staffeln ein enges freundschaftliches Verhältnis.


Im Sinne des Zitats von Winston Churchill haben wir in dieser kleinen Abhandlung auf viele Jahrzehnte zurück geblickt und wir freuen uns darauf, noch viele interessante und erfolgreiche Jahrzehnte vor uns zu haben. Es grüßt Sie „hoch zu Ross“ – ihre Reiterstaffel Hannover.

Reiter- und Diensthundführerstaffel

Am Welfenplatz 1a
30161 Hannover
Tel.: 0511 109-1903
Fax: 0511 109-1910


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