Geschichte des Pferdebestandes

Mit dem Eintrag der Laufenden Nr. 1, dem Dienstpferd "Agathe" in die Pferdestammrolle, beginnt die bis zum heutigen Tage lückenlos dokumentierte Erfassung der Dienstpferde der Reiterstaffel Hannover. "Agathe" war eine Hannoveraner Stute, von dem Hengst "Filmkönig" und aus einer Königsbarder Stute. Sie wurde am 20. April 1931 geboren und am 21. Februar 1935 im Alter von vier Jahren nach Sichtung durch die Ankaufskommision von Wohlers-Moorburg für die Reiterstaffel erworben. Im Stockmaß lag sie ausgewachsen bei 165 cm. Die Stammrolle weist sie als einen Krippensetzer aus, mit einem schiefen Huf vorn und einem ungeraden Gang hinten, Sprunggelenksgallen, verdickten Fesselköpfen an beiden Hinterbeinen. Also als ein Pferd mit einigen Mängeln.

Ab dem 21. April 1938 bezog die Reiterstaffel Hannover bis zum Jahre 1942 ihre Dienstpferde ausschließlich aus dem Bestand der Polizei-Reit-Schule Rathenow. Hier wurden Offiziere und Mannschaften für den Polizeieinsatz ausgebildet. Unterstellt war die Polizei-Reitschule (ab 1939 Polizeischule für Reit- und Fahrwesen) nämlich direkt dem Reichsminister des Inneren und Chef der Deutschen Polizei.


Pferdestammrolle
Pferdestammrolle
Seite vier der Pferdestammrolle.
Seite vier der Pferdestammrolle.

Von Anfang an hatte die Polizei-Reitschule den Auftrag, junge Polizeioffiziere zu Führern von Reitstaffeln auszubilden, sowie Wachtmeister für den Dienst in diesen Staffeln heranzubilden. Die Ausbildungszeit in der Reitschule betrug für Offiziere acht und für die Mannschaft sechs Monate.

Daneben mussten vom Stammpersonal der Schule innerhalb von zehn Monaten die aus verschiedenen Warmblut-Zuchtgebieten aufgekauften Pferde zu Reitpferden ausgebildet werden, die im Polizeistreifendienst der Reiterstaffeln eingesetzt werden konnten. Die Ausbildung der Pferde erfolgte nach der Heeresdienstvorschrift (H.Dv.) 12 "Reitvorschrift", 11/1 "Das Truppenpferd Heft I" und 11/2 "Das Truppenpferd Heft II". Die Tiere wurden an Musik, Motorengeräusche, Schüsse, wehende Fahnen und dergleichen gewöhnt. Und das vom ersten Tage an.

Ab 1942 wurden die Ausbildungsziele von Reitern und Pferden zunehmend den Kriegerfordernissen angepasst. Die Ausbildung der Mannschaften betrug nur noch ein halbes Jahr, da auch die Polizeidivisionen im Fronteinsatz und in der Partisanenbekämpfung erheblichen Verlust erlitten hatten.

In den ersten Kriegjahren kam es lediglich zu einer Abgabe von Pferden an die unterschiedlichen Polizeieinrichtungen: z.B. wurde das Dienstpferd "Abschluß" am 8. Mai 1940 zur mobilen Polizeidivision abgegeben, das Dienstpferd "Antonie" am 20. Juni 1940 als Reitpferd nach Hildesheim zur Gendamerieschule und am 27. August 1940 von dort nach Dressau-Gellerau zur Polizeischule abgeordnet. Anschließend wurde das Tier gemäß des Erlasses des Reichsfühers SS vom 30.04.1942 Nr.137II/42 zum dortigen Polizei-Lehr-Batallion versetzt.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden zum Teil die Pferde an die neu aufgestellten Polizeiregimenter abgegeben, oder Reiter und Pferd wurden zusammen von diesen berittenen Einheiten übernommen. Die berittene Polizei wurde dann in den besetzten Gebieten, vor allem im Generalgouvernement Polen, in Abteilungs- oder Zugstärke stationiert.

Am 24.06.1944 wurden aus dem Bestand der Staffel Hannover zehn Pferde an die SS Reiterabteilung III, Cholm, Ostpolen, (poln. Chelm) sowie vier Pferde nach Nordhausen abgegeben. Über den Verbleib des mit Zugangsdatum 26.10.1944 erfassten letzten Remontejahrgangs (Remonte bedeutet junges Pferd in der Ausbildung) des Buchstaben "I" liegen keine Aufzeichnungen vor.

Zum Neuaufbau der Reiterstaffel Hannover wurden der Dienststelle am 16. Mai 1946 zehn Pferde, die sich zum größtenteils als ungeeignet erwiesen und wieder in den ersten zwei Jahren ausgemustert wurden, aus dem Bestand der Reit- u. Fahrschule Oldenburg überstellt.

Am 10. Juli 1946 übernahm der Meister der Polizei Heinstmann vier beschlagnahmte Pferde vom 13th/18th Royal Hussars für das 722 Military Goverment Detachment, Hannover(Public Safety Branch)

Historische Ausgabe Heeresdienstvorschrift 11 Heft 2 - Das Truppenpferd
Historische Ausgabe Heeresdienstvorschrift 11 Heft 2 - Das Truppenpferd
Übergabe-Bescheinigung über Dienstpferde von 1946
Übergabe-Bescheinigung über Dienstpferde von 1946
Bis zum Jahresende 1946 verzeichnen die Aufzeichnungen den Zugang von insgesamt 35 Pferden von denen elf Pferde nach wenigen Jahren wegen Unbrauchbarkeit ausgemustert wurden.

Der Transport der Dienstpferde insbesondere die Zuführung der Remonten erfolgte damals auf Schienen im Viehwaggon der Deutschen Bundesbahn. Ein besonderes Ereignis war die Abholung der jungen Pferde auf dem Hainhölzer Bahnhof und die anschließende Zuführung an der Hand in die Stallungen am Welfenplatz. Der Weg durch die Stadt stellte eine besondere Anforderung dar, denn die Pferde waren an die Geräusche des stadtverkehrs noch nicht gewöhnt.

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